Lea Kälin ist Teil von der Kerngruppe vom Unverpacktladen «bare ware» in Winterthur. Sie erzählt vom Laden, wie sie funktionieren, was ihnen dabei wichtig ist und wie es mit dem «bare ware» weitergeht. Der Unverpacktladen gehört zu den Pionier:innen im «Zero Waste»-Bereich und ist im kommenden Mai seit acht Jahren in ihrem Ladenlokal in der Steinberggasse. Es gibt ein grosses Team von 10 Mitarbeiter:innen, die meist jeweils eine Schicht pro Woche von ungefähr 6 Stunden arbeiten und davon sind drei im Kernteam, welche auch noch im Hintergrund, also neben der Arbeit im Laden selbst, sicht umd administrative Aufgaben und die Bestellungen kümmern und die Teamsitzungen organisieren.
Der offensichtliche Teil ihres Ladens sei, dass unverpackt eingekauft werden kann. Was nicht auf den ersten Blick sichtbar ist – den Betreiber:innen aber extrem wichtig – ist die Herkunft der Produkte. Sie achten darauf, dass die Produkte mindestens nach Bio-Standards oder besser angebaut und auch sozialverträglich sind. Sie legen grossen Wert auf die Saisonalität der Früchte und des Gemüses und arbeiten mit unzähligen lokalen Kleinproduzent*innen zusammen. So beziehen sie ihr Sortiment von 50 unterschiedlichen Produzent*innen und Lieferant:innen. Dies muss jeweils, weil es eben nicht so sichtbar ist, gegenüber neuen Kund:innen hervorgehoben werden.
Lange waren sie ganz konsequent «Zero Waste», da es aber gewisse vegane Alternativen schlicht nicht in Mehrwerggebinde gibt, machen die Betreiber:innen aktuell auch einige Ausnahmen und versuchen das «beste Produkte» punkto Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit anzubieten.
Seit einigen Jahren hat «bare ware» ein Mitgliedermodell. Dies bedeutet, dass Menschen Mitglied werden können und einen monatlichen Mitgliederbeitrag von 80 Franken zahlen. Jede weitere erwachsene Person im gleichen Haushalt zahlt dann nur noch 20 Franken. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder im durchschnittlich über alle Produkte einen Rabatt von 29%. Diese Modell sei für den Laden sehr wichtig und habe in schwierigen Zeiten sehr geholfen. Auch, weil es eine starke Verbundenheit von Mitgliedern mit dem Projekt gibt und diese so bei finanziellen Eingpässen zum Beispiel durch die Vorausbezahlung des Mitgliederbeitrags für das ganze Jahr, mitgeholfen hatten.
Anfang 2025 hat das «bare ware»-Team entschieden, dass es finanziell nicht tragbar sei den Unverpacktladen in der jetzigen Form weiterzuführen und sie ihn per Ende Juni 2025 schliessen müssen. Dies aufgrund der zu tiefen Umsätze, die sich nach dem Einbruch Endes des Covid-Lockdowns, nicht wieder erholt haben. Es gibt sicherlich viele verschiedene Faktoren die dazu beitragen, es sei aber schwierig konkret einen Grund zu nennen. Als mögliche Faktoren nennt Lea das allgemein abnehmende öffentliche Interesse am unverpackten Einkaufen was auch bereits zur Schliesseung vieler anderer Unverpackläden geführt hat. Durch die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Inflation, müssen viele Menschen mehr auf ihr Geld schauen und da es sich nicht in allen Bereichen sparen lässt, das Einkaufen aber zum Teil gehört bei dem gespart werden kann, wirkt sich dies sicherlich nicht positiv auf solche Projekte aus. Auch sei die Nachhaltigkeit allgemein gerade etwas weniger im Fokus, durch die vielen Krisen und Kriege.
Mit dem aktuellen Umsatz ist das Weiterbestehen nicht möglich, ausser sie würden die Lohnkosten reduzieren was nur durch kürzere Öffnungszeiten oder mehr unbezahlte Arbeit möglich wäre. Das wollen die Betreiber:innen beides nicht, weshalb sie zu dieser Entscheidung gekommen sind.
Die positive Nachricht ist das grosse Interesse von Leuten, das Projekt in einer anderen Form weiterzuführen. Viele langjährige Kund:innen sehen es nicht als Option einfach wieder in den Grossverteilern einkaufen zu gehen. Bereits drei Wochen nach Bekanntgabe der Schliessung, gab es ein erstes offenes Treffen, um über das «Wie weiter» zu reden. Viele Leute sind gekommen und es gab sehr viele Ideen was gemacht werden könnte. Es sei auch sehr spannend gewesen zu sehen, wie unterschiedlich die Bedürfnisse der Menschen sind und was für unterschiedliche Dinge, ihnen wichtig sind, dass sie erhalten bleiben.
Daraus ist nach mehreren Treffen entstanden, dass es als Depot weitergeführt werden soll. Dies bedeutet, dass es einen neuen Raum benötigt mit einer tieferen Miete und einem 24/7-Zugang. Es wird dort ein fixes Sortiment geben, welches in Selbstbedinenung 24/7 eingekauft werden kann. Ergänzt durch Sammelbestellungen mit weiteren und frischen Produkten. Es soll noch verstärkt ein gemeinschaftliches Projekt ohne einer «Leitung» sein und es soll das entstehen, was Menschen aus der Gemeinschaft anreissen. Aktuell ist die Idee, dass es eine kleine bezahlte Stelle gibt, um die Bestellungen zu machen, Produkte einzusortieren und weitere administrative Aufgaben.
Die Gründung einer neuen Genossenschaft unter dem Namen «food depot winterthur» ist bereits im Gange. Das tolle daran sei, dass bereits im letzten Jahr eine Wohngenossenschaft auf «bare ware» zugekommen sei, ob sie bei ihnen ein Depot aufbauen können. Dies bedeutet, dass es diese neue Genossenschaft gleich zwei Depots betreiben wird. Schon Mitte April wird das erste Depot in der Genossenschaft Vogelsang mit einer ersten Sammelbestellung eröffnet. Nach der Schliesseung des Ladens geht es dann mit dem zweiten Depot ab Juli weiter. Aktell sind sie noch auf der Suche nach einem geeigneten Raum für das zweite Depot.
Sie freuen sich nun noch die letzten drei Monate in der Steinberggasse zu geniessen und sind gespannt wie es danach mit den Depots anläuft.